26.06.2017 - München - News Nr.: 11435
Pendlerstrecke Isar: Schwimmend zum Arbeitsplatz
Benjamin David hat wohl eine der kuriosesten Arbeitswege Deutschlands: Er krault zwei Kilometer durch die Isar - Arbeitsmaterialien und sogar Anzüge sicher in Rucksack verstaut - Bereits erste Nachahmer gefunden - Von Spätwinter bis Herbst geht es so stau- und stressfrei zur Arbeitsstelle - "Normal dauert es 27 Minuten, wenn ich mich treiben lasse. Habe ich einen wichtigen Termin und kraule, dann können es auch mal nur 14 Minuten sein"

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Die Autos stehen Stoßstange an Stoßstange, der Zug hat mal wieder Verspätung, der Linienbus erneut die Preise angehoben - Probleme, über die Benjamin David nur müde lächeln kann. Wenn der Betreiber des Münchner Urbanauten Kulturstrands zur Arbeit will, packt er sich seine Badehose ein und schwimmt einfach durch die Isar.

Was zunächst sehr unkonventionell klingt, ist für den 40-Jährigen schon fast Alltag geworden. "Mein Arbeitsweg ist circa 27 Minuten lang. Wenn ich einen wichtigen Termin habe, dann kraule ich und brauche nur 14 Minuten", erzählt David, der auch am Montag (26.06.2017) wieder von der Wittelsbacherbrücke schwimmend pendelte. Bevor er startet, checkt er jedoch erst einmal die Gegebenheiten: "Man muss immer die Strömung kontrollieren sowie den Pegel und die Temperatur. Ich schaue auch immer zum Himmel, weil bei Gewitter kannst du nicht schwimmen." Auch im Februar sei er bereits in die Isar gestiegen: "Manchmal ist es schon saukalt. Aber habe mir einen Neoprenanzug besorgt, dann geht es auch im Winter."

Seine notwendigen Arbeitsutensilien packt er in einen "Wickelfisch", eine speziell konzipierte, wasserdichte Tasche. "Da kann man super sein weißes Hemd reinstecken und bei einem besonders wichtigen Termin habe ich auch mein Sakko dabei", berichtet der Familienvater mittlerweile lässig an seiner Bar stehend.

Auf die Idee gekommen ist er nach einem Besuch in Basel. Den dortigen Rhein nutzen regelmäßig fast 30.000 Menschen als übliche Pendlerstrecke. Und auch in Deutschland gibt es immer mehr Nachahmer. "Ich finde die Idee fantastisch. Man tut etwas für die Natur und für sich selbst, wenn man einmal am Tag durch die Isar schwimmt", berichtet Judith Canaris. Und auch am Kulturstrand finden sich bereits Interessierte, wie beispielsweise Veronika Baum: "Bei unserem Urlaub in Basel haben wir auch zwei dieser Schwimmtaschen gekauft und meine beiden Söhne haben die Dinger schon einmal mitgenommen."

Derzeit ist Benjamin David noch ein relativ einsamer Vorreiter in Deutschland. "Bisher stehe ich nicht im Stau, aber wenn das weiter so eine Dynamik annimmt wie in Basel, dann würde es mich nicht wundern, wenn irgendwann mal hunderte Leute morgens zur Arbeit schwimmen", grinst er.  Bis dahin genießt er den unorthodoxen Arbeitsweg und auch die Blicke so mancher Kollegen, wenn er völlig entspannt morgens aus der Isar klettert und sich erst einmal einen Kaffee gönnt, während sie noch einen Parkplatz suchen.

Einen Nachteil hat das Isar-Pendeln jedoch: Zum Feierabend fließt der Fluss leider (noch) nicht rückwärts, sodass es dann notgedrungen doch eher mit dem Bus nach Hause geht.



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