19.02.2019 - Weilersbach - News Nr.: 14982
Dreiste Einbrecher wüten bei der Feuerwehr
Unbekannte knacken Tür von Gerätehaus - Zielgerichtet stehlen sie lebensrettenden Akku-Spreizer, mit dem Verletzte aus Unfallwracks befreit werden - Nur einen Tag später benötigte die Feuerwehr das Gerät bei zwei Einsätzen - Baugleicher Spreizer wurde beim spektakulären Geldtransporter-Raub im Herbst 2018 in Berlin oder auch bei Geldautomaten-Einbruch Serie in Nordbayern verwendet - Helfer sind fassungslos: "Wir machen das freiwillig, um anderen Leuten zu helfen. Dass uns dann selbst Schaden zugefügt wird, da sind wir schon sehr erschrocken:"

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Stellen Sie sich vor, Sie werden Zeuge eines schweren Unfalls. Menschen sind in ihren Autos eingeklemmt, Sie rufen die Feuerwehr und diese kommt auch rasch. Doch als die Kameraden helfen wollen und ihre Rolladen zu den technischen Gerätschaften öffnen, stehen sie plötzlich mit leeren Händen da. Denn das notwendige Rettungsmittel ist verschwunden - und bis Ersatz herangeschafft wird, vergehen wertvolle Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können. 

Eine schlimme Vorstellung, die im oberfränkischen Weilersbach (Lkr. Forchheim) jedoch fast hätte Realität werden können. Denn hier haben vergangene Woche Dienstag Einbrecher gewütet und anscheinend zielgerichtet einen Akku-Rettungsspreizer gestohlen. "Der ist lebensrettend", betont Feuerwehr-Kommandant Michael Henkel. Bei bis zu 80 Prozent aller Einsätze mit eingeklemmten Personen werde dieses Gerät eingesetzt, um die oftmals schwerverletzten Menschen zu befreien. "Sollte in dem Fall ein Alarm sein, haben wir keine Zeit die Fahrzeuge zu kontrollieren. Denn unsere Fahrzeuge sind immer direkt einsatzbereit!"

Über die Tür hatten sich die Unbekannten Zugang in das Gerätehaus verschafft und dort in aller Ruhe die Rolladen der Einsatzfahrzeuge geöffnet. Zielgerichtet griffen sie nach dem Spreizer, der mit bis zu 600 Kilonewton selbst die verschlossensten Gegenstände aufstemmen kann, und flüchteten. Eine Dreistigkeit, welche die Kameraden fassungslos macht: "Wir machen das freiwillig, um anderen Leuten zu helfen. Dass uns dann selbst Schaden zugefügt wird, da sind wir schon sehr erschrocken." Und auch die Polizei bestätigt, dass es sich um einen alles andere als alltäglichen Einbruch handle.

Ebenso schlimm sei die Vorstellung, dass möglicherweise anderen Menschen mit dem Gerät, was eigentlich helfen soll, nun Schaden zugefügt werde. Denn im Herbst 2018 haben Clan-Mitglieder bei einem skrupellosen Überfall auf einen Berliner Geldtransporter ein baugleiches Gerät verwendet, um die gesicherte Hecktür des Sprinters aufzudrücken und die Geldkassetten zu rauben. Auch bei einer Einbruchsserie im Januar 2019 in Nordbayern, bei der mehrere Geldautomaten geknackt wurden, konnte die Polizei bei späteren Festnahmen einen Spreizer als Einbruchswerkzeug sicherstellen.

Feuerwehr-Gerätehäuser sind immer wieder lukrative Objekte für professionelle Diebesbanden. Denn die freiwilligen Kräfte sind vergleichsweise selten da, oftmals liegen die Gebäude am Rande der Ortschaften und besitzen keinerlei Überwachungstechnik. Bereits vor anderthalb Jahren hatten Täter ebenfalls in das Weilersbacher Haus versucht einzubrechen und den Spreizer zu stellen. Damals wurden sie gestört - jetzt waren sie erfolgreich.

Während die verständigte Kriminalpolizei Bamberg die Spuren sicherte, begab sich Henkel auf den Weg zur Beschaffung eines Ersatzgerätes. Keine Sekunde zu früh, wie sich kurz darauf herausstellte. "Wie verladen das Gerät auf unserem Fahrzeug und in dem Moment ist 200 Meter vom Gerätehaus ein Unfall passiert. Wir sind mit der Feuerwehr alarmiert worden und haben den Spreizer einsetzen müssen", erinnert sich Henkel, der am gleichen Abend mit seinen Kameraden zu einem weiteren Unglück ausrücken musste, bei dem eine Person in einer Maschine eingeklemmt war.

Nach Bekanntwerden der Tat war die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung groß. "Das Schönste war eine Familie, die sich bei mir gemeldet hat und gefragt hat, ob das Gerät ausreichend versichert sei. Und wenn es dies nicht so wäre, dann würden sie uns eine Spende geben und uns finanziell unterstützen", freut sich Henkel über den Rückhalt. Denn dieser zeigt auch: der Respekt vor Einsatzkräften nimmt zwar stetig ab, doch nach wie vor ist es nur ein äußerst geringer Bruchteil an Menschen, die nicht verstehen, wie wichtig und wertvoll die Arbeit der Freiwilligen Kameraden in tausenden Feuerwehren in Bayern und Deutschland ist. Und wie dringend notwendig es dabei bleibt, dass diese zu jeder Zeit gut und vollständig ausgerüstet ist.



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