19.01.2019 - Balderschwang - News Nr.: 14774
Fünf Tage nach dem Lawinenabgang: Das Hotel gleicht einer Geisterstadt
Gastgeber wacht durch Zischen und Rumpeln auf – Ein Blick auf den Flur und in die Räume zeigt ihm: „Da ist eine Lawine runter“ – Hotelpersonal sammelt Gäste in der Lobby, zählt und erfasst sie namentlich – Über weite Strecken galt es Schneeketten für die Urlauber zu organisieren, damit sie den Ort über den Pass verlassen konnten – Zwei Tage lang, waren bis zu 70 Helfer im Einsatz – Gastwirt steht nun mit Angestellten und Freiwilligen alleine da – Unabsehbar, wie lange das Hotel Hubertus geschlossen bleiben muss

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Ein Zischen und Rumpeln weckte Gastgeber Karl Traubel vom Hotel Hubertus in Balderschwang (Lkr. Oberallgäu) am Montagmorgen (14.01.2019) um 5:03 Uhr aus seinem Schlaf. Der Besitzer hatte selbst in einem Gästezimmer geschlafen, weil die Straßen unpassierbar waren. Sofort sprang Traubel auf, schaute auf den Flur und sah Hotelgäste draußen stehen. Ein Blick in die Zimmer offenbarte ihm den ganzen Schnee, der eingedrungen ist. Augenblicklich war ihm klar: „Da ist eine Lawine runter“!

Zusammen mit seinen Mitarbeitern bringt er alle Gäste in die Lobby, zählt sie durch und erfasst sie namentlich. Anschließend bringen Traubel und seine Angestellten die Hotelbewohner in einen Raum und versorgen sie dort später mit Kaffee und Frühstück. Währenddessen läuft draußen die Routine nach so einem Ereignis an. Die Bergwacht, die Feuerwehr und die Polizei rücken an, bilden eine Einsatzleitung. Irgendwann steht fest, die Gäste müssen raus aus dem Tal. Jedoch gibt es ein großes Problem: „Die Gäste hatten größtenteils keine Schneeketten, der Pass war nur mit Schneeketten befahrbar“. Damit doch die Passstraße passieren können, geht die Suche nach passenden Schneeketten für die verschiedenen Reifengrößen und Fahrzeugtypen los. Bis ins Schongau und nach Sonthofen führt die Anfrage nach passenden Ketten und ist erfolgreich. Gegen 17 Uhr verlassen die letzten Gäste das Hotel.

Für Karl Traubel und seine Mitarbeiter, sowie die Einsatzkräfte ein kurzer Moment zum Durchschnaufen. Am nächsten Tag sind bis zu 70 Helfer vor Ort, die tatkräftig mit anpacken, um das Gelände und die betroffenen Gebäude vom Hotel Hubertus von den Schneemassen zu befreien. Selbst drei Bagger kommen hierbei zum Einsatz. Insgesamt zwei Tage sind die Helfer bei Traubel und seinen Angestellten, danach sind sie auf sich alleine gestellt. Zwischendurch kommen immer wieder Sachverständige, Versicherungsvertreter und Gutachter vorbei. Das Hotel ist zwar mit einer Elementarschadensversicherung abgedeckt, aber wie es genau weiter geht, weiß der Betreiber noch nicht. Ein Gebäude, das „Spa-Stadl“ gilt es komplett abzureißen, ebenso das Schwimmbad.

Viele Gäste, die das Hotel in der Vergangenheit zu schätzen gelernt haben, aber auch Unbeteiligte schreiben Emails und fragen wie sie helfen können. Ein Teil kam, um bei den Aufräumarbeiten zu unterstützen. „Wir konnten aber nur Leute nehmen, die uns dementsprechend tatkräftig unter die Arme greifen“, erklärt Traubel. Andere hingegen konnten nicht selbst helfen und wollten trotzdem unterstützen. So kam die Idee zustande, ein Spendenkonto einzurichten. Jedoch nicht für das Hotel selbst, sondern für die vielen fleißigen Helfer, die mit angepackt haben und noch anpacken (Spendenkonto Ehrenamtliche Helfer, BTV Memmingen, DE56 7201 2300 0697 0931 06, BTVADE61XXX).

Wie es weitergeht weiß der Hotelier noch nicht genau, denn es ist noch nicht abzuschätzen, wie lange es dauert, bis das Hotel wieder belegbar ist. Zudem macht ihm der Hang hinter seinem Haus nun Sorgen: „Dann schauen wir halt weiter, was wir machen können mit dem Hang. Hangsicherung, Lawinenverbauung, eine Lawinenwand, Schutzwall dazwischen und ob wir hier noch ein Gebäude erstellen können und wenn ja, mit welchen Anforderungen“. Die Wintermonate sind die Besten für Traubel, obwohl er im Jahresdurchschnitt eine Auslastung von 70 Prozent seiner Zimmer hat. Den Gästen jedoch muss er erstmal absagen, denn an einen erholsamen Urlaub ist im Hotel Hubertus mometan nicht zu denken, denn die Gebäude gleichen einer Geisterstadt.



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