Genüsslich räkelt sich Tommy auf der Wiese. Während die Sonne ihm auf den Pelz scheint, hält der dreijährige Terrier seine Nase in den Wind und genießt Streicheleinheiten von Frauchen Evi Pinzl. Doch während sie seinen Bauch krault, wandert ihr Blick immer wieder auf die Uhr. Denn der "Hofgang" für Tommy ist gleich vorbei. In dem Moment, wo die Kirchturmuhr im kleinen Ort Teisnach (Lkr. Regen), mitten im Bayerischen Wald, 19 Uhr schlägt, heißt es für den Vierbeiner: "Zurück ins Haus!"
Zu verdanken hat er dieses Gefängnisleben Magdalena und Uwe R. (Name geändert), die Nachbarn von Pinzl. Denn seit zwei Jahren fühlen diese sich durch sein Gebelle so gestört, dass sie vor Gericht gezogen sind. Im Juni 2015 erhielt Evi Pinzl den ersten Anwaltsbrief, in dem sich über die Lautstärke ihrer damals zwei Hunde beschwert wurde. Eine Schlichtung scheiterte, man traf sich vor Gericht. Als Beweis hatten die Nachbarn ein Lärmprotokoll, aus dem hervorging, wann die Hunde wie laut und wie lange gebellt hatten. Dass sich unter den Terminen auch Halloween, ein Unwetter-Tag und Silvester befanden, wo die Tiere unruhig reagierten, interessierte niemanden. In einem richterlichen Vergleich einigte man sich darauf, dass die Tiere nur noch maximal zehn Minuten am Stück und nicht mehr als zwei Stunden pro Tagen bellen dürften.
Doch der Königspudel hatte ein lautes Organ und so befürchte Evi Pinzl, dass es irgendwann wieder Ärger geben könnte, weshalb sie im Sommer 2016 schweren Herzens ihren geliebten Vierbeiner ins Tierheim gab. Obwohl es sich bei Terrier Tommy um einen ruhigen Genossen handelt, flatterte im Frühjahr diesen Jahres nun erneut ein Schreiben ins Haus. In diesem warfen die Nachbarn Pinzl vor, sich an den Vergleich nicht zu halten - eine richterliche Ladung war die Folge. In der Sitzung einigte man sich dann darauf, dass der Hund nur noch zwischen 7 und 8 sowie 17 und 19 Uhr in den Garten darf. Die Alternativen wären die Abgabe von ihm oder bei Nichtbeachtung ein Zwangsgeld oder gar Zwangshaft gewesen.
"Mein Anwalt sagte danach, es ist doch einfach nur ein Hund. Ich habe drei Tage geweint und war fix und fertig", zeigt sich Pinzl über die Entwicklung nach wie vor fassungslos. Keiner könne es verstehen, da der Hund fast nie belle. Nur, wer ständig durch den Zaun schaue - was die Nachbarn wohl inklusive Tonaufnahmen mehrere Stunden am Tag betreiben - würde man überhaupt merken, dass Tommy draußen sei. "Ich stelle mir den Wecker und muss Tommy raustragen, weil er schläft um diese Zeit noch", beschreibt sie ihr tägliches Vorgehen. Tagsüber nehme ihr Onkel den Hund mit, damit dieser nicht im verschlossenen Haus bleiben muss, während sie arbeitet.
Onkel und Hundesitter Alois Wullinger will sich mit der Situation nicht abfinden: "Wir sind im Sommer drei Stunden draußen und der Hund macht nichts." Anwohner Dennis Nagel sieht das ähnlich: "Wenn ich ein Kind habe, dass im Garten schreit und der Nachbar sich beschwert. Sagt das Gericht dann auch, dass es nur zwei Stunden am Tag raus darf? Kirchenglocken läuten auch jede Viertelstunde und das recht laut." Ähnlich sehen das auch zahlreiche Leser der Lokalzeitung, die ihrem Unverständnis auf Facebook Luft machen.
Insbesondere jetzt im Sommer verstehe der Hund oftmals aber die Welt nicht. "Er winselt und jault. Es ist unerträglich und unzumutbar für mich und den Hund", beschreibt Evi Pinzl die Situation, wenn sie mit ihrer Tochter auf der Terrasse das Wetter genießt, während der Vierbeiner wie ein Straftäter in seinem Gefängnis bleiben muss.
Die Anwohner in der Straße beschreiben Magdalena und Uwe R. als sehr isoliert und wenig integriert, obwohl sie Jahrzehnten in dem Ort leben. Gerne hätten wir mit den klagenden Nachbarn auch selbst gesprochen. Leider wurde uns jedoch auch ohne Kamera die Tür energisch verschlossen und wir aufgefordert das Gelände zu verlassen.