Der Würgauer Berg ist mit seinen scharfen Kurven ein Mekka für Motorradfahrer. Wenige Zentimeter über den Asphalt können die Biker rollen, sich in die Kurven legen und dann zügig wieder heraus beschleunigen. Seit Jahren gilt das Stück auf der B22 jedoch auch als Unfallschwerpunkt, was er an diesem Wochenende auf erschreckender Weise wieder bewies. Auf einem gerade einmal 1,2 Kilometer langen Teilstück ereigneten sich zwischen Samstagnachmittag und Sonntagabend binnen 27 Stunden drei schwere Motorradunfälle. Die traurige Bilanz: Vier Hubschrauber waren im Einsatz, um die Schwerverletzten in Fachkliniken zu fliegen - drei kämpfen immer noch um ihr Leben. Alleine in den letzten sechs Wochen ereigneten sich hier nun bereits fünf schwere Unfälle.
Zuerst traf es am Samstag (27.05.2017) gegen 16 Uhr einen jungen Mann. Der 17-Jährige war mit seiner 125ccm Maschine bergaufwärts gefahren. Am Ausgang der sogenannten Applauskurve übersah er einen langsam fahrenden Traktor und fuhr ungebremst auf diesen auf. Während die Radgabel komplett in das Motorrad gedrückt wurde, zog sich der Jugendliche schwere Knochenbrüche zu. Da die Notärztin Lebensgefahr nicht ausschließen konnte, wurde er mit dem Hubschrauber in eine Fachklinik geflogen.
Einen Kilometer weiter und 23 Stunden später wieder ein Crash. Mit Freunden war ein 19-Jähriger ebenfalls den Berg hinauf unterwegs. Kurz vor dem Ende des Anstiegs stürzte er in der letzten scharfen Linkskurve mit seinem Bike und rutschte über den Asphalt. Unglücklicherweise prallte er gegen ein Verkehrsschild, was aus der Verankerung gerissen wurde und ihm schwere innere Verletzungen zufügte. Auch er kam nach notärztlicher Behandlung per Hubschrauber in eine Klinik.
Der schlimmste Unfall ereignete sich weitere vier Stunden später genau auf dem Zwischenstück. Um kurz vor 19 Uhr am Sonntag (28.05.2017) wollte ein 19-jähriger Motorradfahrer in einen landwirtschaftlichen Weg einbiegen, wo viele Biker häufig eine Pause einlegen. In diesem Moment kam ihm ein 23-Jähriger entgegen, der sein Zweirad gerade aus einer Kurve heraus beschleunigte. Mit hohem Tempo stießen die beiden Motorräder zusammen, ihre Fahrer schleuderten teilweise von der Straße. Beide Männer trugen schwerste Kopfverletzungen davon. Zwei Rettungshubschrauber landeten auf einer nahen Wiese und mussten die Unfallfahrer in Spezialkliniken fliegen. Laut Polizei bestand bei beiden auch am späten Abend noch akute Lebensgefahr. Wie schnell die Kradfahrer fuhren, ist unklar. Ein Gutachter unterstützte daher ähnlich wie beim 1. Unfall die Polizei. Hoffnungen machten sich die Beamten über eine Helmkamera: Zeugen hatten mitgeteilt, dass einer der Biker den gesamten Tag bereits den Berg rauf und runtergefahren sei. Dies habe er mit einer Actionkamera am Helm dokumentiert. Doch diese blieb trotz Einsatzes eines Polizeihundes unauffindbar.
Drei schlimme Unfälle mit vier Schwerstverletzten. Obwohl auf der gesamten Strecke Tempo 50 gilt und diese teilweise entschärft wurde, kommt der Würgauer Berg nicht zur Ruhe. Da es sich um eine Bundesstraße handelt, kann die Straße nicht, wie von vielen Anwohnern gefordert, für Zweiräder gesperrt werden. Auch für die örtlichen Feuerwehren aus Scheßlitz und Würgau wurde dieses Wochenende zur Belastungsprobe. So häufig zur gleichen Stelle ausrücken, mussten die Kameraden noch nie. Einige von ihnen waren bei der letzten Unfallstelle teilweise sichtlich angefressen, ob der Ignoranz so mancher Biker. Die Polizei appellierte daher noch einmal eindringlich an alle Motorradfahrer, gerade jetzt bei dem sommerlichen Wetter, ihre Fahrweise anzupassen und vorausschauend zu fahren. Denn ansonsten dauert es nicht lange, bis der Würgauer Berg sein nächstes Opfer sucht und findet.