01.04.2019 - Deggendorf - News Nr.: 15241
Quietschende Reifen und aufheulende Motoren: Wenig Schlaf für die Deggendorfer zum Start in den April
Rund 80 getunte Autos rasen mit teils hoher Geschwindigkeit zum Auftakt der Tuningsaison durch Deggendorf - Polizei ist die komplette Nacht auf der Straße, und kontrolliert Tuner - Schaulustige positionieren sich mit Campingstühlen am Straßenrand - "Ich kann nicht verstehen, warum die daraus ein Volksfest machen und vorbeifahrenden Autos zu jubeln", sagt der Polizeichef - Beamte registrieren zahlreiche Verstöße in der Nacht

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Deggendorf ist eine beschauliche Kleinstadt am Rande des bayerischen Waldes in Niederbayern. Doch von Beschaulichkeit ist in Deggendorf Anfang April rein gar nichts zu spüren gewesen, stattdessen hallten zum Monatswechsel Motorgeräusche und laute Musik durch die Straßen Deggendorfs. Schon seit Jahren versammelt sich die Tuningszene Bayerns Anfang April in Deggendorf. Da die Tuner teilweise recht wenig Wert auf die Einhaltung sämtlicher Verkehrsregeln legen, war auch die Polizei zum Monatswechsel die ganze Nacht auf den Straßen Deggendorfs unterwegs. Wir durften die Beamten zum Start der Tuningsaison bei ihren Kontrollen begleiten.

Gegen 21:00 Uhr am Sonntagabend begann für die Deggendorfer Polizei und eine extra aus München angeforderte Einheit der Bereitschaftspolizei der Arbeitstag, beziehungsweise viel mehr die Arbeitsnacht. Nach einer ersten Lagebesprechung verteilten sich die Beamten in der kompletten Stadt. Gleichzeitig fuhren schon die ersten getunten Autos am Deggendorfer Stadtrand auf. "Wir rechnen die ganze Nacht lang mit aufheulenden Motoren und quietschenden Reifen, wir bauen deshalb an mehreren Stellen Fahrzeug- und Geschwindigkeitskontrollen auf", erklärt der Deggendorfer Polizeichef Stephan Seiler.

Wenig später sollte sich Seilers Vorhersage bewahrheiten. Gegen 22 Uhr herrschte schon ein lebhaftes Treiben rund um die Graflinger Straße, die die Polizei an jenem Abend für den Durchgangsverkehr sperrte. Während es sich am Straßenrand unzählige Schaulustige in ihren Campingstühlen gemütlich machten, heizten die ersten Tuner quer durch Deggendorf. Umso lauter die Motoren aufheulten, umso lauter grölte die Menschenmenge am Straßenrand. "Ich kann nicht verstehen, dass die hier eine Art Volksfest veranstalten und vorbeifahrenden Autos applaudieren", meint Seiler kopfschüttelnd. 

Wenige Meter von der Graflinger Straße entfernt positionierte sich am späten Sonntagabend Sebastian Bullik. Er ist der auf Tuning spezialisierte Experte der Deggendorfer Verkehrspolizei. Bullik stach kurz vor Mitternacht ein Audi ins Auge. "Der Halter hat ein neues Fahrwerk einbauen lassen, zu dem wohl die verwendeten Reifen nicht passen. Wenn sich herausstellen sollte, dass er dafür tatsächlich keine Genehmigung vom TÜV hat, erlischt die Betriebserlaubnis für das Auto", erklärt Bullik. Kostenpunkt für den Halter: 90 Euro und einen Punkt in Flensburg. 

Knappe zwei Kilometer weiter und zwei Stunden später schoss an Bulliks Kollegen, die sich hinter einem kleinen Waldstück in der Nähe des Deggendorfer Schulzentrums mit einer Laserpistole versteckten, ein weißer Cabrio mit 75 Stundenkilometern bei erlaubten 50 vorbei. Dass der Autofahrer darauf von der Polizei angehalten und wie so viele Andere zur Kasse gebeten wurde, störte den jungen Mann nicht. "Mein Gott ich habe halt mal aufs Gas getreten, das kostet mich jetzt 80 Euro und gibt einen Punkt", sagt der Autofahrer grinsend in unsere Kamera. Polizeichef Seiler hat dafür hingegen nur wenig Verständnis. "Die wissen, dass die Polizeipräsenz heute Nacht hoch ist. Warum jemand mit so einer Geschwindigkeit überhaupt innerorts unterwegs ist, ist mir nicht begreiflich."

Gegen 1 Uhr am Montagmorgen erklärt Polizeichef Seiler die Schwerpunktkontrollen für beendet. Laut Informationen des Bayerischen Rundfunks wurden vier Autos noch in der Nacht still gelegt, zudem registrierten die Beamten einige Geschwindigkeitsverstöße. Dennoch zieht Seiler eine positive Bilanz, denn immerhin wurde zum Start in die Tuningsaison niemand verletzt. Warum sich Tuner aus ganz Bayern ausgerechnet in Deggendorf treffen, kann sich übrigens weder die Stadt noch die Polizei erklären. Seiler verspricht: Seine Kollegen werden auch 2019 die komplette Saison über wieder einen Blick auf die Tuningszene in Deggendorf haben.


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