06.09.2018 - Nürnberg - News Nr.: 14067
Bittere Spätfolgen des Hitzesommers
Nürnbergs Waisenhäuser für Eichhörnchen-Babys platzen aus allen Nähten - Muttertiere auf der Suche nach Wasser oftmals in Pools oder halbleeren Regentonnen ertrunken - 80 Kindernager werden von Menschenhand aufgezogen - Insbesondere in Notsituationen werden die putzigen Tiere besonders zutraulich: "Sie suchen dann Hilfe, wenn ein Mensch vorbeikommt und gehen dann sogar soweit, dass sie die Beine hochklettern!" - Ersatzmama Sandra Jelen zeigt den provisorischen Spielplatz der neugierigen "Schlumpis"

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Normalerweise ist das Wohnzimmer von Sandra Jelen in Nürnberg wirklich gemütlich. Doch in diesen Tagen erinnert es mehr wie ein großes Nagerhaus im Zoo. Überall wuselt und raschelt es, in den Augenwinkel ist stets Bewegung. Und dann schaut plötzlich eine kleine rote Schnauze aus dem Käfiggitter hervor. Denn Sandra Jelen ist jetzt Sommer Mutter geworden. Und das von gleich mehreren Dutzend kleinen Eichhörnchen-Babys.

"Die Mamas haben nichts mehr zu trinken gefunden", erzählt sie. In ihrer verzweifelten Suche nach Wasser gingen die Tiere dann in Gebiete, wo sie normalerweise sich nicht aufhielten: "Sie sind dann in Regentonnen oder im Pool ertrunken." Zurück blieben ihre Junge, die hilflos auf die Rückkehr der Muttertiere warten. In ihrer Not wenden sich die Nager, die sonst wenig zutraulich sind, sogar direkt an den Menschen. "Sie suchen dann Hilfe, wenn ein Mensch vorbeikommt und gehen dann sogar soweit, dass sie die Füße und Beine hochlaufen", berichtet Robert Derbeck vom Tierschutzverein Noris.

In vier Pflegestellen betreuen seine Mitglieder derzeit 80 Eichhörnchen in der Stadt, die so oder auf ähnlichem Weg den Weg zu den Tierschützern gefunden haben und ohne deren Hilfe gestorben wären. Und die Ersatzmamis haben alle Hände voll zu tun. "Alles andere kommt zu kurz, das muss man klar sagen", merkt Jelen an. "Man steht immer wieder auf und füttert es alle drei Stunden. Wenn man Glück hat, kann man dann für zwei Stunden wieder schlafen." Dies sei wie ein Job mit Überstunden - nur ehrenamtlich. Und nicht immer komme man ganz ohne Blessuren aus. "Das sind keine Kuscheltiere, auch wenn die putzig aussehen. Wenn du in den Käfig reinlangst, um den Schlafplatz zu tauschen und das Hörnchen findet das nicht so toll, dann gibts auch mal eine Blessur", zeigt Sandra Jelen auf ihre Kratzer am Arm, welche die Schlumpis, wie sie ihre Gäste nennt, hinterlassen haben.

Die freiwilligen Helfer sind dringend auf Mithilfe aus der Bevölkerung angewiesen. "Wir kaufen die Nüsse nicht in kleinen Tüten, sondern in 100 Kilogramm. Bei Beiträgen im vierstelligen Bereich sind wir froh, wenn uns Leute Nüsse zukommen lassen", ist Derbeck für jede Hilfe dankbar. Am wichtigsten sei jedoch, dass die Menschen beim Spaziergang die Augen offenhalten und Tiere in Notsituationen erkennen. Zutrauliche Eichhörnchen können in einem mit einem Handtuch ausgelegten Karton aufgenommen und zum nächsten Tierarzt oder -heim gebracht werden. Diese leiten sie dann an Jelen und ihre Kollegen weiter. Daheim werden die Vierbeiner dann wieder aufgepäppelt und später wieder in der Natur ausgesetzt.


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