18.10.2017 - Euerbach - News Nr.: 12059
Putziger Nager legt Bauprojekt lahm
Gemeinde will Kreisverkehr und Umgehungsstrecke an Bundesstraße anbauen - Untersuchungen ergeben, dass ein einziger artengeschützter Feldhamster in dem Bereich lebt - Tier schlummert bereits seelenruhig im Winterschlaf unter dem Feld und darf nicht geweckt werden - Bauvorhaben liegt daher bis Mai 2018 auf Eis - Bürgermeister nimmt es mit Humor: "Hamster ist ein kleines putziges, aber widerspenstiges und wehrhaftes Tierchen"

© NEWS5 / Merzbach

Eigentlich sollten an der B303 bei Euerbach im Landkreis Schweinfurt demnächst die Bagger anrollen. Schon seit langem plant die Gemeinde den Anschluss ihres Gewerbegebiets an die Bundesstraße und somit fast unmittelbar an die nahe A71. Doch daraus wird so schnell dank eines Sitz- oder vielmehr Schlafstreiks jetzt vorerst nichts. Der Grund: Cricetus cricetus - oder auch besser bekannt als der Feldhamster.

In den 1960er Jahren von vielen Landwirten noch als Plage angesehen, dessen Pelz beliebt war und für den Kinder damals pro Tier 50 Pfennig erhielten, fristet der Feldhamster mittlerweile in Deutschland vor allem aufgrund der modernen Landwirtschaft ein Schattendasein und steht auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Und weil er nicht nur dort steht, sondern auch auf einem Feld an der B303 lebt, sind die Bauarbeiten nun vorerst stillgelegt.

Auch wenn das Wetter anderes vermuten lassen mag, hat es sich der kleine Nager mit rund 15 Kilogramm Futter bereits unter der Erde gemütlich gemacht und wartet dort den Winter ab. "Der Hamster geht jetzt in die Winterruhe und hat den Bau in anderthalb Metern Tiefe schon verschlossen. Durch eine Baumaßnahme würde man das Tier jetzt töten", beschreibt Steffen Jodl vom Bund Naturschutz die Problematik.

Und so gerne man den Kreisverkehr und die dazu notwendige Umgehungsstraße in Euerbach will, so zeigt man sich doch - wenn vielleicht auch notgedrungen - tierlieb. "Der Hamster ist ein kleines putziges, aber widerspenstiges und wehrhaftes Tierchen", nimmt es Bürgermeister Arthur Arnold am Mittwoch (18.10.2017) mit Humor. "Wenn der im Winter aufwacht, haut er sich den Bauch wieder voll und schläft weiter."

Doch spätestens Mitte Mai ist der Spaß vorbei. Denn dann rückt Carola Rein vom Umweltbüro Fabion an. Sie hat den Racker, der in dem Bereich wohl der einzige Vertreter seiner Art ist, entdeckt und den "Mietvertrag" kurzerhand beendet. "Der verlässt entweder freiwillig das Terrain und wenn nicht, dann wird das Tier eben eingefangen und umgesetzt", droht sie den Zwangsumzug auf die 500 Meter entfernte Ersatzfläche an.

Und spätestens dann können die Schaufeln ihres Werkes walten, während das Tierchen die Arbeiten aus sicherer Entfernung beäugen kann.



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