31.05.2017 - Weiden in der Oberpfalz - News Nr.: 11300
Das große Krabbeln im Miniformat
René Hiersigk hat wohl einen der kuriosesten Jobs Deutschlands: Er betreibt einen Ameisen-Handel - Über 100.000 Tiere werden gezüchtet - Für manche Ameise reist er mit Spaten und Reagenzglas ausgerüstet um die halbe Welt - Verkaufspreise von bis zu 450 Euro pro Tier möglich - Größtes Exemplar im Lager ist über drei Zentimeter lang

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Zalando, Amazon oder Otto - Shops, über deren Produkte René Hiersigk nur lächeln kann. Denn er besitzt wohl einen der kuriosesten Onlinehandel in Deutschland. Seit über 17 Jahren betreibt er nun schon seinen Ameisenshop im Internet. Was ursprünglich als Hobby begann, ist mittlerweile sein Beruf geworden. In mehreren Regalen lagern bei ihm mittlerweile rund 100.000 Tiere, darunter 1.500 Königinnen, die aufgezogen, gezüchtet und verkauft werden. Und das kostet mehr Zeit, als man meinen könnte.

Wer bei Ameisen an die kleinen Krabbeltiere aus dem hiesigen Wald denkt, wird sich jedoch wundern. Denn einige sind von einem ganz anderen Kaliber. "Die größte, die ich habe, ist die Paraponera mit drei Zentimetern. Das ist ein ganz schöner Brummer", erläutert er, während eines dieser äußerst seltenen Tierchen über die Hand krabbelt. Mit einer Spritze, in der sich eine Zuckerlösung befindet, füttert er dieses Exemplar vorsichtig. Bis zu 450€ kann ihm eine Königin einbringen. Viel Geld für so einen Winzling, für den es aber teilweise auch viel Arbeit bedarf, ehe er überhaupt verkauft werden kann.

"Für Tiere aus Südafrika muss man mit eigenem Equipment runterfliegen und die Arten vor Ort besorgen. Da muss man auch schon einmal mehrere tauende Kilometer fahren", erläutert Hiersigk. In einem Reagenzglas geht es dann nach Hause in seine Wohnung, die er zum Lagerort und Shop umgebaut hat. Kunden aus ganz Europa kaufen bei ihm ein. Warum sie das machen, darüber kann auch er nur spekulieren: "Es gibt Kunden, für die ist das Aussehen das A und o. Andere interessieren sich mehr für das Verhalten oder die Größe der Tiere." Für ihn persönlich liegt die Faszination im Verhalten von Ameisen. Die Staatenbildung mit ihrer Koloniestruktur, die im scheinbar größten Chaos perfekt funktioniert, sei herausragend.

Bereits mit fünf Jahren fing er an sich mit Ameisen zu beschäftigen. Damals hatte ihm sein Vater ein Glas mit den Tieren hingestellt - und er bekam seinen Blick nicht mehr los. Seit 2000 ist der 35-Jährige mit "MyAnts.de" nun online. Was anfangs nur ein Hobby war, ist längst zum beruflichen Geschäft geworden. In einem aufwendigen Verfahren kümmert er sich um die Tiere. In einem 3D-Drucker werden die Nester selbstständig konstruiert. In mehreren Räumen lagern nicht nur die Tiere, sondern auch deren (Lebend-)Futter sowie weiteres Zubehör.

Über 35 Gattungen hat er in seiner Wohnung in Weiden in der Oberpfalz. Stress mit dem Vermieter gab es noch nie. Sorgen muss man sich um die Tiere sowieso nicht machen. Auch wenn die Größe ungewohnt erscheint, ist keine Ameise in irgendeiner Weise gefährlich. Und nur wenige überleben längere Zeit ohne Wasser. Aber, und das betont René Hiersigk nicht ohne ein Schmunzeln: Abgehauen ist ihm bislang noch keine Ameise.


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