18.04.2017 - Obergurig - News Nr.: 11073
Wolfsangriff mitten im Ort: Lamm "Scheppi" und Schafsmutter gerissen
Schafhalter entsetzt, wie nah sich Wölfe in bewohntes Gebiet trauen - Bürgermeister fordert härteres Durchgreifen und einen besseren Schutz für Halter - Schafe auf offener Weide getötet - Tote Tiere als "Mahnmal" im Ort ausgestellt

© NEWS5 / Löb

"Scheppi" war erst wenige Wochen auf der Welt. Kurz vor Ostern hatte das süße Lämmchen seinen Namen bekommen, tollte fröhlich über die Weide in Großdöbschütz (Lkr. Bautzen). Doch was die beiden Halter Heinz Kalley und sein Enkel Philipp am Ostermontag erblickten, lässt sich kaum in Worte fassen.

„Während ihr schlaft, holt der Wolf eure Schafe!“, waren die Worte des Nachbarn, als der 18-jährige Philipp geweckt wurde. Sofort stürmte er nach draußen und sah die beiden verendeten Tiere auf der Weide. Ein Muttertier und sein Lämmchen lagen zerfleischt auf der Wiese. Ein Kehlbiss zeugte von der Kraft und der Abstammung des Täters. Ein Wolf hatte sich mitten in den 2.000-Einwohner-Ort getraut und in der Nacht auf Ostermontag die beiden Tiere gerissen. Keine 50 Meter von den nächsten Wohnhäusern entfernt, griff er die Schafsherde auf der Weide an. "Das sind Schafe, zu denen man eine Bindung hat", zeigt sich Halter Philipp auch am Dienstag (18.04.2017) noch entrüstet. Doch wie konnte es soweit kommen?

Wölfe werden in Sachsen geschützt. Nachdem sie lange Zeit vom Aussterben bedroht waren, siedeln sich nun immer mehr Tiere wieder an. Doch der Schutz muss seine Grenzen haben, findet Obergurigs Bürgermeister Thomas Polpitz (CDU): "Es ist erschreckend, dass der Wolf jetzt auch hier aktiv ist. Das Beste wäre, wenn Problemwölfe entfernt werden", greift er einen Vorschlag des Landrats auf. Insbesondere die Nähe zu Menschen macht ihm große Sorgen. "Ich kann meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass die Tiere nicht gefährlich wären", betont er.

Die Trauer über den Verlust ist bei Philipp Kalley und dessen Großvater Heinz riesengroß. "Es war schon fast wie ein kleiner Streichelzoo, wo viele Familien die Schafe streichelten und fütterten", erinnert sich Heinz Kalley. Dies sei nun nicht mehr möglich. Er hofft wie sein Enkel, dass die Politik nun reagiert und die Nutztierhalter besser unterstützt: "Es kann nicht sein, dass die Wölfe durch Steuergelder geschützt werden und wir das Nachsehen haben."

Aufgrund des Umstandes, dass ihr Schutzzaun zu niedrig war, sind sich die Kalleys bewusst, dass sie auf dem Schaden sitzenbleiben werden. Vielmehr treibt sie jedoch nun der Gedanke umher, wie sie ihre Tiere vor weiteren Angriffen schützen können. Ein Umstand, der auch beim Bürgermeister für Sorgenfalten auf der Stirn führt. Als Mahnmal haben die Kalleys nun die beiden toten Tiere in einer Schublade im Ort gelegt und demonstrieren somit für eine politische Reaktion. Ob die Schafshalter ihren Verlust ersetzen und sich neue Tiere anschaffen, konnten sie so kurz nach den Ereignissen noch nicht genau sagen.



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